Monika Zobel: "Heart"

Ein gHerz aus Goldpapier klebt auf einer Fliese.
© Stephanie Schaefers

Das Kollit

ist Bremens Junges Kollektiv für Literatur. Hier vernetzen sich junge Autor*innen aus Bremen und umzu, um neue Räume für den literarischen Nachwuchs zu schaffen. Schreibtreffs, Auftritte, gemeinsames Netzwerken und die Herausgabe der Zeitschrift Koller sind Teil des Projekts. Der untenstehende Text erschien zuerst im Koller Nr. 3 zum Thema Kitsch.

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Heart
von Monika Zobel

I am obsessed with the heart.
Every line wants to gravitate toward the hard
facts of the heart, towards the stumble the heart takes
when falling down that ladder for the very first time,
that ladder of the mind. As if the heart were 
made of light, milky stars, moon dust. Later, the heart 
as a metaphor for off-track, lost breath, pitted thoughts.
The heart like a glass of water. Illuminated molecules
or cracked with residues. The heart as a sketch, darkened
with fluids and ventricles, otherwise unfinished
with wants and wishes. 

But a muscle is dense, neither full
nor empty, but a muscle can’t break, only strain,
only singe. What did you think? The fire metaphor
has worn the trees to a stump.
I am obsessed with how a muscle runs through
this poem. Flexes and slackens around each word.
The tremble, the tender at the end must be
a sign that everything eventually wants to loosen.

Even that fist in your chest, heart-shaped flesh.

Herz
übersetzt von Gianna Lange und Laura Müller-Hennig

Ich bin besessen vom Herzen.
Jede Linie will sich zu den harten
Fakten des Herzens hin ziehen, zu dem Stolpern, wenn das Herz
zum allerersten Mal von jener Leiter fällt,
jener Leiter des Verstands. Als wäre das Herz
aus Licht, Milchsternen, Mondstaub gemacht. Später, das Herz
als Metapher für neben der Spur, atemlos, entkernte Gedanken.
Das Herz wie ein Glas Wasser. Erleuchtete Moleküle,
oder gesprungen mit Rückständen. Das Herz als Skizze, verdunkelt
mit Flüssigkeiten und Kammern, ansonsten unfertig
mit Bedürfnissen und Wünschen.

Aber ein Muskel ist dicht, weder voll
noch leer, aber ein Muskel kann nicht brechen, nur zerren,
nur sengen. Was hast du gedacht? Die Feuer-Metapher
hat die Bäume zu einem Stumpf abgetragen.
Ich bin besessen davon, wie ein Muskel sich durch
dieses Gedicht bewegt. Anspannt und erschlafft
um jedes Wort. Das Zittern, das Zarte am Ende muss
ein Zeichen sein, dass sich alles einmal lösen will.

Sogar die Faust in deiner Brust, herzförmiges Fleisch.


Monika Zobel

wurde 1982 in Bremerhaven geboren und studierte Literaturwissenschaft und Kreatives Schreiben in Seattle und San Diego. Sie lebt heute in Bremen. Ihre Arbeiten erschienen überwiegend in englischer Sprache in renommierten US-amerikanischen Literaturzeitschriften. Als Fulbright-Stipendiatin übersetzte sie in Wien zeitgenössische österreichische Lyrik und veröffentlichte deutschsprachige Gedichte u. a. in Lichtungen und Ostragehege. 2013 erhielt sie den Buchpreis des US-Verlags Slope Editions, wo 2014 ihr englischsprachiges Debüt An Instrument for Leaving erschien. 2015 veröffentlichte sie ihr deutschsprachiges Debüt Das Innenfutter der Wörter bei edition keiper in Graz.

© privat

Gianna Lange

wurde 1988 in Bremen geboren und studierte Journalistik und Transnationale Literaturwissenschaft in Bremen und London. Sie ist Gründungsmitglied des Lyrikkollektivs gabrieleschreibtgedichte sowie des Kollektivs für junge Literatur Kollit, in dem sie Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift Koller ist. Im Jahr 2015 erhielt sie vom Bremer Literaturkontor das Bremer Autor*innenstipendium für ihr Romanprojekt Elise. Im Frühjahr 2025 erscheint ihr daraus entstandener Debütroman Und dann springen wir in der Frankfurter Verlagsanstalt. Gianna Lange lebt in Bremen und arbeitet dort im Konzerthaus Die Glocke sowie beim Musikfest Bremen.  

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Laura Müller-Hennig

wurde 1985 geboren, hat im Bereich Theater und Film gearbeitet, Medienproduktion und Psychologie studiert und widmet sich seit mehreren Jahren verschiedenen Kunstprojekten – u.a. im Blaumeier-Atelier und in der Film-Kooperative compagnons. Einige ihrer Texte hat sie in Kunstkatalogen, Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht sowie in der MiniLit-Reihe des Bremer Literaturkontors. Dort leitet sie seit 2018 eine regelmäßig stattfindende Schreibwerkstatt für junge Autor*innen.

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