NEUland: Esther Willbrandt & Katharina Mild im Interview

Immer mehr Leser*innen und Veranstalter*innen begeistern sich für Debüts - das können Esther Willbrandt und Katharina Mild gut verstehen. Mit NEUland haben sie ein neues Festivalformat für Bremen entwickelt, bei dem Debüts im Mittelpunkt stehen. Im Interview haben sie Annika Depping mehr darüber verraten.

Wie ist die Idee zum NEUland-Debütant*innen-Festival entstanden?

Wir lesen beide wahnsinnig gern Debütromane. Das ist immer ein bisschen aufregend. Anders als bei bekannten Autor:innen weiß man ja erstmal gar nicht, was man erwarten soll. Und dann entdeckt man plötzlich einen Roman, der so wunderbar erzählt ist, dass man ihn gar nicht für ein Erstlingswerk halten will - das ist einfach ein ganz besonderes Leseerlebnis. Diesen Entdecker:innengeist möchten wir gerne mit einem größeren Publikum teilen, und zwar in einem Format, das es in dieser Form in Bremen bislang nicht gab: Vier Lesungen von nachmittags bis abends; einmal bezahlen, so viel angucken, wie und wann man möchte; und zum Abschluss ein entspanntes Beisammensein mit Autor:innen, Festivalteam und Publikum.

 

Warum verdienen literarische Debüts unbedingt mehr Aufmerksamkeit? Was fasziniert euch an den jungen Stimmen?

Wenn neue Autor:innen mit ihrem ersten Roman herauskommen, dann ist das ein ganz besonderer Moment. So viel Mut, Energie und Herzblut sind in dieses Projekt geflossen, jetzt ist es in der Welt – wie wird es von den Lesenden aufgenommen werden? Zugleich stehen aber neue Autor:innen häufig im Schatten bekannterer Namen, denn auch die Verlage müssen natürlich genau abwägen und kalkulieren, wen sie nach vorne stellen.
Dabei haben junge Stimmen oft einen besonders eigenwilligen Klang, sie wagen viel, und sie nehmen im besten Fall einen überraschenden neuen Blickwinkel ein.


„Junge Stimmen haben oft einen besonders eigenwilligen Klang, sie wagen viel, und sie nehmen im besten Fall einen überraschenden neuen Blickwinkel ein.“


Welche Autor*innen habt ihr für das Festival ausgewählt und wie habt ihr euch entschieden?

Es gab bei der Auswahl nur ein formales Kriterium: Die Romane sollten auf Deutsch geschrieben worden sein. Wir haben uns für vier Romane entschieden, die wir besonders innovativ und literarisch ausgereift finden. Die Autor:innen bringen ganz unterschiedliche Hintergründe und literarische Herangehensweisen mit. Kaleb Erdmanns Beziehungs-Roman wir sind pioniere merkt man seine Erfahrung als Bühnen-Poet an. Mit Vom Krähenjungen hat die ehemalige IT-lerin Sonja Kettenring ein verrätseltes Märchen geschrieben. Yandé Secks Erzählung Weiße Wolken wirft hochaktuelle Fragen zu Geschlechtergerechtigkeit und Hautfarbe auf. Und Krummes Holz von Julja Linhof hebt das Thema Heimkehr an den Ort einer traumatischen Kindheit auf ein neues poetisches Level.
Dabei hat sich ein roter Faden ergeben, der uns selber überrascht: Auf ganz unterschiedliche Arten erzählen alle vier Romane letzten Endes von der Liebe.

Worauf freut ihr euch besonders am Festivaltag?

Wir freuen uns besonders auf das Zusammentreffen der Debütautor:innen mit ihrem Publikum! Und natürlich sind wir gespannt, wie das Festivalformat beim Publikum ankommt, wir beide jedenfalls freuen uns schon auf eine Fortsetzung.

In unserer aktuellen Ausgabe geht es um das Thema Stadt. Welche Rolle spielt die Stadt in den Texten der NEUland-Autor*innen?

Das Bild zeigt die Cover der vier Bücher vom NEUland-Festival.

In allen Roman spielt das Motiv der Stadt eine Rolle – mal als Basis, mal als Ausgangspunkt und mal auch als Gegenstück zum Ländlichen. Während die Romane von Sonja Kettenring und Julja Linhof im Dorf beziehungsweise in der Einöde verortet sind und die Großstadt aus diesem Blickwinkel zur Peripherie wird, zeigen sich bei Yandé Seck und Kaleb Erdmann die Städte in all ihren schillernden Facetten. Secks Roman Weiße Wolken spielt über weite Teile in Frankfurt am Main und Offenbach – zwei Städte, die die Autorin in- und auswendig kennt. Die meisten Städte beim Namen nennt aber Kaleb Erdmann in seinem Roman wir sind pioniere. Sein Protagonist „Bruckner“ ist auf der Suche nach dem geeigneten Ort für die Kleinfamilie in spe: „im kessel ne wohnung finden für drei das muss man erstmal schaffen nein nein nein die vorstadt ruft ditzingen oder dillingen oder waiblingen oder villingen-schwenningen oder vaihingen gerlingen schwieberdingen hemmingen böblingen sindelfingen oberriexingen und wenn es ganz doof kommt und überhaupt nicht anders geht fellbach“.

Hier gibt's mehr Infos zum Festival und zum Programm.

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