Martin Frenzel (Darmstadt) - Zukunft braucht Erinnerung: Judenhass, Shoah und Israel im Comic

So, 26. Oktober 2025
15.30 Uhr

Städtische Galerie Bremen, Buntentorsteinweg 112, 28201 Bremen


Antisemitismus ist nicht erst seit dem 7 Oktober 2023 ein Problem. Seit diesem Datum zeigt sich allerdings seine hässliche Fratze in unverschämter, schamloser Gestalt in aller Öffentlichkeit. Schockierend ist dabei nicht nur der brutale Überfall der Hamas auf Israel. Schockierend ist ebenfalls die Bereitwilligkeit mit der antisemitische Positionen in vermeintlich liberalen, gesellschaftlichen Gruppierungen unreflektiert und unhinterfragt reproduziert werden. Antisemitismus muss daher als Problem betrachtet werden, das sich in der Breite der Gesellschaft verortet ist. Dementsprecheden gibt es kein gesellschaftliches und kulturelles Feld, in dem nicht antisemitische Perspektiven, Positionen und Vorstellungen existieren, aufgegriffen und reproduziertewerden können. Als Kunst- und Kulturverein, der einen Schwerpunkt auf das Genre Comics legt, richten wir daher 2025 eine Vortragsreihe aus, die sich mit Antisemitismus beschäftigt. Die Vorträge liegen an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen und an ein breiteres Publikum gerichtetes Vorträge.

Martin Frenzel (Darmstadt): Zukunft braucht Erinnerung: Judenhass, Shoah und Israel im Comic. Von Rosenthal, Calvo, Bernard Krigstein über Michel Kichka, Guy Delisle, Sarah Glidden, Joann Sfar bis "Jerusalem" und "Tel Israel": Der Vortrag widmet sich dem Dreiklang aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und zeigt, wie gut sich der Comic als Träger aktiver, demokratischer Erinnerungskultur des ‚Nie wieder‘ eignet. Ganz im Sinne Michel Friedmans: „Judenhass ist Menschenhass“. Die Brücke in die Gegenwart schlagen in Zeiten stark anwachsenden, hemmungslosen Judenhasses in Europa und gerade auch im Land der Täter, Deutschland. Etwa die Werke des aus einer Holocaust-Überlebenden-Familie stammenden belgisch-israelischen Zeichners Michel Kichka mit „Zweite Generation. Was ich meinem Vater nie gesagt habe“ und seinen beiden gelungenen Israel-Comic-Erzählungen „Falafel Sauce Piquante“ und „Das andere Jerusalem“, die vor allem eins zeigen: Die Vielfalt und den Facettenreichtum der einzigen Demokratie des Nahens Ostens, Israel. Es genügt nicht, nur Joe Sacco zu lesen, um Israels bunte Vielfalt und die Lage in Nahost zu verstehen. Inzwischen gibt es in Frankreich auch eine im September 2024 erschienene, grafisch aber bis auf Kichka eher wenig überzeugende Comic-Anthologie zum tiefen Trauma des Hamas-Massakers des 7.Oktobers 2023 „Au coeurs du 7 octobre“ (dt. Mitten ins Herz des 7. Oktobers), bei dem die islamistische Terroristen nahezu 1.200 Menschen – Männer, Frauen, Kinder, Babys – ermordeten, verbrannten, vergewaltigten, Geißeln nahmen, zu Tode folterten. Dies war der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden seit der Shoah. Ein deutscher Comic-Sammelband fällt hingegen durch einen eher diffusen Blickwinkel auf: Er stellt die eher ich-bezogene Frage Wie geht es Dir? Eine solidarisch-empathisch Frage jedoch hätte lauten sollen: „Wie geht es den Opfern des 7. Oktobers und ihren Angehörigen?“.


Teil der Vortragsreihe Antisemitismus in der Comic-Kultur. Weitere Vorträge der Reihe: Prof. Dietrich Grünewald (Reiskirchen): Das Judenbild im Comic; Nils Oskamp (Hamburg), Comickultur von Rechts. Themen, Inhalte und Strukturen; Ole Frahm (Frankfurt): Holocaust revistited. Karikaturen und Comics nach dem 7. Oktober 2023

Die Vorträge sind eintrittfrei, Spenden werdend dankend angenommen.

Förderer und Kooperationspartner: Deutsch-Israelische Gesellschaft Bremen/ Junges Forum der DIG, Landeszentrale für politische Bildung, Monom Stiftung, Sebastian Cobler Stiftung, Senator für Kultur Bremen, Städtische Galerie Bremen, Menora Gemeinde HB/BHV, Literaturkontor e.V. Associatione Delle Talpe

 

Mikrofon, Sessel und Lampe auf einer Bühne
© Rike Oehlerking