Karrieren in Bremen

Di, 18. November 2025
19.30 Uhr
Theater am Leibnizplatz, Schulstr. 26, 28199 Bremen


Die Karriere von Kurt A. Becher (1909-1995) zeigt exemplarisch, wie aus NS-Tätern nach 1945 „Mitläufer“ wurden, die (nicht nur) in der Wirtschaft erfolgreich agieren konnten. Erst Frühjahr 1982 löste die Journalistin Karla Müller – Tupath mit ihrem Buch Reichsführers gehorsamster Becher – Eine deutsche Karriere heftige Debatten in Bremen aus. Becher lehnte deshalb im Juli 1982 die Nominierung für den Aufsichtsrat von Hapag - Lloyd ab. Doch auch in Bremen wurde kein Prozess gegen Becher eröffnet. Nach fünf Monaten stellte die Staatsanwaltschaft Bremen das Ermittlungsverfahren gegen ihn Ende Oktober 1982 „aus Mangel an Beweisen“ ein - ohne Becher vernommen zu haben. Der Getreidegroßhandel machte ihn zu einem der reichsten Männer in der BRD und verschaffte ihm wichtige Posten in der Bremer Wirtschaft.

Käthe Popall (1907-1984) kam aus einer Bremer Arbeiterfamilie. 1922 trat sie in die SPD ein, 1929 in die KPD. Im März 1935 wurde sie zusammen mit Max Maddalena (1895-1943), Adolf Rembte (1902-1937) und Robert Stamm (1900-1937) in Berlin verhaftet. Der Volksgerichtshof verurteilte Max Maddalena zu lebenslänglichem und Käthe Popall zu 12 Jahren Zuchthaus. Adolf Rembte und Robert Stamm wurden in Berlin–Plötzensee hingerichtet. Nach der Befreiung im Mai 1945 lief sie vom Frauenzuchthaus Jauer in Sachsen zu Fuß nach Bremen. Im Juli 1946 genehmigte die Militärregierung ihre Berufung zur ersten Senatorin Bremens. Im Senat war sie zuständig für Gesundheit, Wiedergutmachung und Flüchtlinge. In der Bürgerschaft hielt sie zu diesen Themen leidenschaftliche Reden. Januar 1948 wurde sie von Kaisen nicht wieder nominiert, da eine Kommunistin nicht mehr erwünscht war. Bis 1951 war sie als Abgeordnete der KPD in der Bürgerschaft. Auch in der Bremer Frauenbewegung hatte sie eine wichtige Rolle. 1946 gründete sie zusammen mit Irmgard Enderle, Agnes Heineken und Anna Stiegler den Bremer Frauenausschuss, in dessen Vorstand sie bis 1951 aktiv war. In den 1960er Jahren trat sie in die SPD ein.

Alfred Ries (1897-1967) dürften viele Bremerinnen und Bremer kennen aufgrund seiner engen Verbindung mit SV Werder Bremen, dessen Präsident er schon in der Weimarer Republik war. Er arbeitete auch für den HAG-Konzern. Im Oktober 1933 flüchtete Ries nach Jugoslawien. Seine Eltern wurden 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und ermordet. Alfred Ries kehrte dennoch nach dem Ende der NS-Diktatur nach Bremen zurück. Er wurde wieder Präsident des SV Werder Bremen. 1953 trat er in den Auswärtigen Dienst ein. Zuletzt war er Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Liberia. 1963 kehrte er nach Bremen zurück und übernahm wieder die Präsidentschaft von SV Werder Bremen. 1965 wurde Werder das erste Mal deutscher Fußballmeister. 1967 wurde Alfred Ries auf dem jüdischen Friedhof in der Nähe des Weserstadions begraben.


Die 23. szenische Lesung der Reihe Aus den Akten auf die Bühne

In Kooperation mit der Universität Bremen. 

Konzeption: Dr. Eva Schöck-Quinteros. Text/szenische Einrichtung: Peter Lüchinger. Mit Ensemblemitgliedern. 

Unterstützt von der Manfred und Ursula Fluß Stiftung, der Karin und Uwe Hollweg Stiftung, der Heinrich Böll Stiftung Bremen, der SV Werder Stiftung und der Sparkasse Bremen.

Premiere am 18. November; weitere Veranstaltungen: Mittwoch 26. November 

Mikrofon, Sessel und Lampe auf einer Bühne
© Rike Oehlerking