Lucy Fricke liest aus "Das Fest"

© Rike Oehlerking

Was kann denn schon interessant an einem Buch sein, das sich um einen „Jammerlappen“ mittleren Alters dreht? Das beweist uns Lucy Fricke in ihrer Lesung zu ihrem neuesten Buch Das Fest

Bevor Lucy Fricke mehr über ihren Protagonisten Jakob erzählt, den sie natürlich nur augenzwinkernd als „Jammerlappen“ bezeichnet, beginnt die Hamburger Autorin den Abend mit ihrer Satzwende-Kolumne. Im Mittelpunkt ihres Textes steht ein Küchentisch, der über viele Jahre hinweg Treffpunkt für Zusammenkünfte und Abschiede vieler Freund*innen ist. Moderator Jens Laloire erkennt in Lucy Frickes Texten ein wiederkehrendes Thema: Sie konzentrieren sich auf Freundschaften und zeigen familiäre Verhältnisse oft eher kritisch oder negativ. Sehr spannend, wie das mit ihren eigenen Lebenserfahrungen zusammenhängt. Dem Publikum verrät sie außerdem, dass sich viele queere Menschen mit ihren Büchern identifizieren, insbesondere mit dem Konzept der „Wahlfamilie“. 

Ein weiterer Punkt des Abends, der mich sehr überrascht hat, sind Lucy Frickes Worte zum Thema, wer überhaupt Bücher schreibt. Sie selbst kommt aus einem nicht-akademischen Haushalt und betont ausdrücklich, dass sie ohne öffentliche Förderung niemals zu einer solchen Autorin geworden wäre. Auch solche Themen anzusprechen ist wichtig und erinnert daran, dass es mehr Initiativen geben sollte, die Diversität in der Kunst fördern. Was ich wirklich sehr schön fand: wie liebend Lucy Fricke über den Protagonisten Jakob aus Das Fest spricht. Durch ihre gelesenen Textstellen lernt das Publikum Jakob und den humorvoll-verständnisvollen Ton, in dem die Autorin über ihren Protagonisten erzählt, bereits ein bisschen kennen. 

Sie betont, dass der gesamte Roman ein ziemlich lebensbejahendes Buch sei. Jens Laloire fragt, ob sich der Titel eher auf die Entwicklung des Charakters bezieht, also ein „Fest des Lebens“ und nicht auf das Fest am Ende der Geschichte. Von seiner aufmerksamen Beobachtung ist sie angenehm überrascht und bestätigt seine Vermutung. Ein sehr schöner Abend, an dem Lucy Fricke unterschiedliche Themen und wichtige Gedanken teilte. Ich kann mir gut vorstellen, dass alle Zuhörenden etwas von diesem Abend und den Gesprächen mitnehmen konnten. 

Text: Michelle Bosnak


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