Der Titel ist etwas sperrig und die Handlung von einer allumfassenden Hoffnungslosigkeit geprägt – und doch ist Fiona Sironics Debüt unbedingt lesenswert. Ein dystopischer Roman ist nicht unbedingt das Erste, was einem einfällt, wenn es um das Thema Zusammensein geht. Doch Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft zeigt subtil, wie wertvoll Gemeinschaft gerade in Krisenzeiten sein kann.
Sironic entwirft ein Zukunftsszenario, das nicht besonders optimistisch stimmt. Es ist heiß in dieser Zukunft, denn die Wälder brennen und der fortschreitende Klimawandel lässt die Jahreszeiten zu einem einzigen, viel zu warmen Sommer verschwimmen. Die extremen Temperaturen fordern neben dem Winter noch zahlreiche weitere Opfer: frisches Obst, Flüsse und Seen, hunderte Vogelarten und viele Menschen, die an dieser Hitze sterben.
Auch das Internet läuft heiß. Unaufhaltsam vergrößert es sich und speichert dabei alles, was ihm in die Finger kommt, in seinem gnadenlosen, ewigen Gedächtnis ab – und das ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei scheinen sich seine Speicherstrukturen der Kontrolle der Menschen schon lange entzogen zu haben.
Das ist die Gegenwart einer Gesellschaft, die sich selbst aufgegeben hat. Die Schulen schließen, Kinder werden kaum noch geboren – Hoffnung scheint ein Fremdwort. Denn allen ist klar: Ein möglicher Wendepunkt, die Chance auf einen Ausweg, wurde schon lange verpasst.
Mitten in dieser tristen Welt leben Era und Maja – zwei junge Frauen, die zwischen all den Waldbränden, dem Artensterben und der Hoffnungslosigkeit nach einem Platz im Leben suchen, und das auf ganz unterschiedliche Weise. Era versucht penibel alle aussterbenden Vogelarten zu dokumentieren, während Maja gemeinsam mit ihrer Schwester digitale Datenträger in die Luft sprengt, um gegen die veröffentlichte Kindheit, die ihre Influencer-Eltern ihnen auferlegt haben, anzukämpfen.
Trotz dieser Gegensätze von Ordnung und Zerstörungsfreude finden Era und Maja zueinander. Denn neben all der Verlorenheit geht es eben auch um das Zusammensein – in Form gemeinschaftlicher Projekte, die Rückzug vor dem Chaos der Welt bieten, wie zum Beispiel das Gewächshaus-Wohnkonzept von Eras Tante, oder in der Form eines verbindenden Wutgefühls, das die jugendliche Generation teilt, oder eben auch in Form der ersten großen Liebe.
Es geht um das Zusammensein, wenn die Welt um einen herum immer mehr Risse bekommt und kurz vor dem Kollaps steht. Etwas, womit sich auch heute viele Menschen nur allzu gut identifizieren können. Denn trotz Überzeichnungen wirkt diese Welt oft erschreckend nah. Sironic gelingt dabei das Kunststück, ihre Leser*innen trotz allem zum Lachen zu bringen – und natürlich auch zum Nachdenken. Ein Roman über das Zusammensein in einer zerfallenden Welt. Und ein leiser, aber eindringlicher Appell, nicht wegzusehen.
AM SAMSTAG GEHEN DIE MÄDCHEN IN DEN WALD UND JAGEN SACHEN IN DIE LUFT | Fiona Sironic | Roman Ecco | Hamburg 2025 | 208 S. | € 23,00
Lina Großhans
war im Frühling 2025 Praktikantin im Literaturhaus Bremen. Sie ist aus ihrer Heimatstadt Köln in die schönste Stadt Norddeutschlands gezogen, um hier Kulturwissenschaft sowie Kommunikations- und Medienwissenschaft zu studieren.
Jetzt sucht sie sich ihre Lese- und Schreiborte also an der Weser statt am Rhein. Zurzeit liest sie am liebsten Kurzgeschichten, die auf kleinem Raum viel erzählen. Aktuell arbeitet sie an ihrer Bachelorarbeit.