Daniel Schmidt: Lesezeichen

© Rike Oehlerking

Weiß

Von Daniel Schmidt

Was, wenn ich verschwinde
Und mich all dem entziehe
Nicht mehr dazwischen stehe
Die Lagen sich auflösen und keiner mehr sich über mich legt
mich einnimmt und beschreibt
Die Reflektion und der Spiegel der anderen bin

Was, wenn ich verschwinde
Und nicht mehr bin
Mich keiner fassen kann
Huschen, Spitzeln, Wechseln, Manifestieren
Die Last fließt ab, verteilt sich,
Schultern werden weich, wenn sie nicht mehr rausragen müssen,
wenn keiner sich mehr auf sie stellt, um an den höchsten Punkt zu gelangen

Was, wenn ich verschwinde
Und einfach sein darf,
Niemand beurteilt, niemand kritisiert Dinge, die außen rausragen, innen liegen, die mehrheitlich
akzeptiert und minderheitlich denunziert
Jeder sieht, was ist,
Niemand ist eine Insel, alle sind das Land

Was, wenn ich verschwinde
Und Eins werde mit mir selbst
Genug für Subjekt und Kollektiv
Gleichwertig und bevorzugt
Das Ich im Wir
Alles löst sich auf und wird neu zusammengesetzt
Was, wenn ich


Daniel Schmidt

wurde 1997 in der Pfalz geboren, lebt in Bremen und ist Literaturwissenschaftler und Kulturperson. Er studierte Germanistik und Religionswissenschaft und absolviert zurzeit ein Masterstudium in Literaturwissenschaft, im Zuge dessen er zu Heimat und Geschlechterverhältnissen forscht. Er veröffentlichte bereits einzelne Texte, unter anderem im MiniLit des Bremer Literaturkontors. Zudem ist er Festivalassistenz bei globale° – Festival für grenzüberschreitende Literatur und Mitglied beim Kollit, Bremens jungem Kollektiv für Literatur.

Porträt von Daniel Schmidt
© Marc Stavros

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