Pebbling heißt es, wenn Pinguine ihren Partnerpinguinen möglichst glatte Kieselsteine heraussuchen und schenken. Es ist ein Zeichen der Verbindung, der Zuneigung.
Wenn ich ein Video mit niedlichen Tieren finde, schicke ich es den Personen, die mir am nächsten stehen. Das sind wahlweise Reels mit interessanten Fakten über Pilze und die Fibonacci-Folge, zehn Dinge, an denen man erkennt, autistisch zu sein, oder Videos von Faultieren, die von ihren Bäumen gefallen sind.
Auch das Phänomen, seinen Liebsten Memes, also lustige Videos und Fotos, die sich im Internet viral verbreiten, statt Blumen zu schicken, dieses ich habe beim endlosen Doomscrolling an dich gedacht und schicke dir jetzt ein Video, nennt sich Pebbling.
Über diese Form der Zuneigungsbekundung gibt es online auch Meta-Memes: Die Figur Qui-Gon Jin aus der Filmreihe Star Wars schickt seinem Lehrling Obi Wan Kenobi, dem designierten Lehrmeister von Anakin Skywalker, der später zu Darth Vader werden wird, Memes, die er sich noch nicht angesehen hat, und kontaktiert ihn, um ihn ungeduldig zu fragen, ob er sie schon gesehen hat. Der Clip ist KI-generiert.
Jeder Gebrauch von KI hat schwerwiegende Auswirkungen auf unsere Umwelt, sowie im Übrigen auch das Generieren von Bitcoins. Google hat KI in seine Suchmaschine integriert. Um KI-Inhalte zu vermeiden, muss man dort hinter jedem Suchbegriff „-ai“ eingeben.
Ziel soll laut Google ein „intelligenter und kontextsensibler“ KI-Assistent sein. Aber in dem Star Wars-Beispiel des Meta-Memes etwa geht es so weiter, dass Obi Wan Kenobi bemerkt, dass die Videos, die Qui-Gon Jin ihm geschickt hat, ganz schön rassistisch seien.
„Lustig, nicht?“, fragt Qui-Gon Jins KI-generierte Synchronstimme, „Ja, aber auch ganz schön rassistisch“, erwidert Obi Wan. Es besteht kein Dissens darüber, dass Rassismus grundsätzlich lustig sein kann, auch wenn man sich vielleicht unwohl fühlt, wenn der Inhalt über die Stränge schlägt. Vermittelt wird dabei, dass nicht Rassismus das Problem sei, sondern dabei erwischt zu werden, aus Versehen zu zeigen, dass man Rassismus lustig findet.
Das Beispiel verdeutlicht das Problem an KI: Sie ist nicht wirklich intelligent, weder emotional noch anderweitig, und nur so kontextsensibel wie ihre User.
Bilder und Videos von Katzen und Hunden erstellt, teilt und verschickt man zu Pebbling-Zwecken also am besten ohne KI.
Mit echter, menschlicher Zuneigung.
Simoné Goldschmidt-Lechner
schreibt, übersetzt, interessiert sich für (queere) Fandoms online, Horror aus postmigrantischer Perspektive, Sprache in Videospielen und sprachlich Experimentelles. Seit 2022 ist sie Teil verschiedener Theater-, Performance- sowie Filmprojekte. Sie gibt das Literaturmagazin process*in mit heraus. 2022 erschien der Debütroman Messer, Zungen, 2024 das zweisprachige Buch Ich kann dich noch sehen (an diesen Tagen), das mit dem Preis für das Buch des Jahres der Hamburger Literaturpreise ausgezeichnet wurde. Sie hat Übersetzungen u. a. von Against White Feminism von Rafia Zakaria (2022), Exponiert von Olivia Sudjic (2023) und Good Talk von Mira Jacob (2022) erstellt.