Die Sprache der Liebe

Lyrik, Live-Tuschemalerei, Musik und Video - diese Kunstsprachen spielen zusammen, wenn Autorin Anna Lott Der die das Liebe auf die Bühne bringt. Im Interview hat sie mit Annika Depping über das mulitmediale Projekt gesprochen.

Liebe Anna, was ist denn dein Projekt Der die das Liebe eigentlich?

Der die das Liebe ist ein dreiteiliger Lyrik-Roman, in dem es um die Themen Abschied, Los und Lassen geht. Konkret bedeutet das: Eine Frau und ein Mann haben sich getrennt und wir begleiten sie, die Frau, bei ihrer inneren wie äußeren Heldinnenreise durch all dieses emotionale Kudddelmuddel und aus ihm heraus.

Performance Der die das Liebe
© privat

Wenn du Poesie im Zusammenspiel mit Malerei und Musik entwickelst, welche Rolle spielt dann die Sprache? Und inwiefern ergänzen die anderen Künste die Sprache?

Mehr noch als bei prosaischen Texten bietet die Poesie anderen künstlerischen Ausdrucksformen Raum. Das bedeutet, dass die anderen Kunstsparten meinen kurzen, kryptischen, aber zugleich auch sehr direkten Text nicht nur intensivieren oder ihn begleiten, sondern ihn – das hoffe ich jedenfalls sehr! – für das Publikum auf mehreren Wahrnehmungskanälen öffnen. Es sind manchmal nur Nuancen von sprecherischer Betonung, Tuschestrich und musikalischem Ausdruck, die den Text komplett anders erfahrbar machen. Das bringt mich jedes Mal selbst zum Staunen, denn jede Veranstaltung ist anders.

Wie ist es zur Idee gekommen?

Die Idee war im wahrsten Sinne des Wortes aus der Not geboren. Es gab einen Moment in dieser verflixten Corona-Zeit, da bin ich – obwohl schon Jahre nach der Trennung vom Vater meiner zwei Kinder – fast übergeschäumt vor Wut. Ich brauchte ein Ventil, um mich auszudrücken, sonst wäre ich durchgedreht. So habe ich etwa eine Woche lang geschrieben und geschrieben. Ich ließ die Worte fließen, purzeln, ich verdichtete, komponierte, dichtete. So ist Teil eins des Romans entstanden. Ich war selbst platt, was ich da plötzlich in den Händen hielt und unsicher, ob es jemanden außer mir selbst überhaupt interessiert. Eine Freundin ermutigte mich, mit dieser Form des Ausdrucks weiter zu arbeiten. Ein illustriertes Buch draus zu machen, fand ich nicht sonderlich interessant und so kam mir die Idee, den Slam auf die Bühne zu bringen, und zwar mit Live-Tuschemalerei. Daraus entwickelte sich ein spartenübergreifendes Experiment, das noch lange nicht zuende ist und in das inzwischen mehrere Menschen miteingebunden sind, u.a. die Künstlerin Anke Bär, die Videokünstlerin Beate C. Köhler, der Komponist Alexander Derben und die Musikerinnen Rose Eickelberg und Hannah Weber von den Bremer Philharmonikern.

Du sagtest, es ist ein Lyrik-Roman in drei Teilen. Wie ging es nach Teil eins weiter?

Für Teil zwei, "Die Liebe", habe ich mich mit dem Thema Wurzeln beschäftigt. Im Team hatten wir besprochen, dass dafür möglicherweise die Tusche-Farbe braun zum Einsatz kommen soll. Ich bin dafür für einige Tage an den Ort meiner Kindheit gefahren und habe dort recherchiert und geschrieben. In Teil 3 möchte ich das Lebendigsein, die Farbe gelb in den Fokus nehmen. Ich plane, ihn im Sommer zu schreiben und freue mich schon sehr darauf.

Sonst schreibst du Romane für Kinder (und ihre Eltern), aber dieses Lyrik-Projekt richtet sich jetzt vor allem an Erwachsene. Erfindest du dich gerade neu, brauchtest du mal eine Abwechslung oder zeigst du einfach eine andere Seite von dir?

Das sind gleich drei Fragen, ich versuche sie mal zu beantworten (lacht). Ja, ich zeige eine Seite von mir, die vielen nicht bekannt ist. Allerdings habe ich schon vorher Lyrik für Erwachsene geschrieben, z.B. für die Ausstellung Raum für Vermutungen im Bremer Hafenmuseum Speicher XI oder für die LauschOrte in der Bremer Innenstadt. Bei diesen Projekten habe ich festgestellt, dass die Lyrik, also das Verdichten und die Suche nach einfachen Worten für Komplexes, dem Schreiben von Kinderbüchern nicht ganz unähnlich ist. Denn auch im Kinderbuch verpflichte ich mich, das Komplizierte einfach darzustellen, nachdem ich es im Kern verstanden habe.

Porträt von Anna Lott
@ Julia Windhoff

Anna Lott

wurde 1975 im Münsterland geboren. Sie hat Theater, Erziehungs- und Literaturwissenschaften studiert, hatte ein Stipendium an der Akademie für Kindermedien und absolvierte eine Ausbildung zur Gemüsegärtnerin, Clownin und Drehbuchautorin absolviert. Nach einem Volontariat bei Radio Bremen hat sie dort einige Jahre als Redakteurin gearbeitet und stellt noch immer regelmäßig Bücher für Kinder im Radio vor. Seit 2014 ist Anna Lott hauptberuflich Autorin, u.a. für die Verlage Carlsen, Arena und dtv junior. 2022 wurde ihr Buch Kralle & Co. Agentur der fiesen Viecher auf der Münchner Bücherschau eines der 100 besten. Anna Lott lebt mit ihren zwei Söhnen in Bremen.

Zum Autorinnenprofil von Anna Lott

Mehr lesen:

„Unerwartungen“: Lilli Rother

Was erwartest du vom Leben, von der Stadt? In ihrem Text "Unerwartungen" stellt sich Studentin Lilli Rother diesen Fragen. Entstanden ist er im Seminar "Kreatives Schreiben zu Kunst" und wurde zuerst auf dem Studierendenblog Blogsatz veröffentlicht. Schau mal rein, ob er deine Erwartungen erfüllt!

„Ein Schatz“: Die Bibliothek Gonzalo Rojas

Mit frischem Anstrich, topmodern und neu sortiert präsentiert das Instituto Cervantes am Welttag des Buches seine Bibliothek Gonzalo Rojas. Direktorin Mila Crespo Picó hat Annika Depping auf eine Tour durch die Bibliothek mitgenommen.