Gästebuch: Marek Šindelka

Bild von Gästebuch neben Blume
© Rike Oehlerking

Schreiben ist für mich...

...zu 95 Prozent Leiden und Martyrium, eine undankbare Arbeit, bei der ich mir meinen Rücken und meine Halswirbel kaputt mache und die ich aufrichtig hasse. Zu 5 Prozent ist es Staunen, Verzauberung und Ekstase. Deshalb kehre ich schuldbewusst und machtlos immer wieder zum Schreiben zurück wie ein Süchtiger zu seiner Droge.

Ich lese am liebsten...

...dahinter könnte man einen Punkt machen. Aber wenn schon mal keiner da ist: Am liebsten lese ich in der Nacht, wenn überall völlige Stille herrscht. Aber auch im Zug, auf langen Reisen, oder wenn ich krank bin und Fieber habe – nicht zu hoch, nicht zu niedrig, gerade so akkurat.

Ich finde, man sollte viel öfter...

...schlafen. Ernsthaft. In Europa sinkt das Bruttoinlandsprodukt. Jeder beliebige Minister gibt damit an, dass er nur vier Stunden täglich schläft, ja, dass er eigentlich überhaupt gar keine Zeit zum Schlafen hat – und genau danach sieht unsere aktuelle Politik auch aus.  Wer an Schlaflosigkeit leidet, sollte Lesen. Lesen ist auch eine Art, zu träumen.

Bremen ist für mich...

...weit weg. Da war ich bisher nur ein einziges Mal, vor Jahren. Das ist mir davon im Gedächtnis geblieben: Ein wunderschöner Herbsttag, ein gepflasterter Platz, die Sonne ist über den Dächern aufgegangen, die glatten Pflastersteine leuchteten plötzlich auf, in der Kurve quietscht eine Straßenbahn und die Gleise, auf denen sie sich mit Getöse entfernt, glänzen so hell, dass man den Blick abwenden musste. Trotzdem war die Sonne schwach, mild, sie wärmte nicht. Es war ein zauberhafter Augenblick. Ein sonderbarer kühler Morgen voller Laute und Licht. Das ist für mich Bremen. An mehr kann ich mich nicht erinnern.

Als nächstes möchte ich...

...Ich schreibe gerade an einem Theaterstück und auch an einem Filmdrehbuch. Mit beidem bin ich bald fertig. Aber mein wirkliches und wichtigstes Ziel ist ein neuer Roman. Ich habe damit vor vier Jahren in Schottland begonnen. Ich habe in Brüssel und Paris daran weitergearbeitet. Ich nehme ihn auf Schritt und Tritt mit – und bin immer noch nicht zufrieden damit, irgendwie kann ich ihn nicht zu Ende bringen. Aber ich fühle, dass er jetzt, langsam, wenn auch widerwillig, beginnt, sich zu schließen. Mir scheint, dass tatsächlich ein Ende in Sicht ist.

Foto von Marek Šindelka umgeben von schwebenden Büchern
© Vladimír Šigut

Psaní je pro mě...

...z 95% utrpení, úmorná nevděčná práce, u které si ničím záda a krční páteř, a kterou upřímně nenávidím. Z 5% úžas, opojení a extáze, kvůli čemuž se k psaní provinile a bezmocně vracím jako narkoman ke své droze.

Nejraději čtu...

...dala by se za tím udělat tečka. Ale když už tam není, tak: nejraději čtu v noci, když je všude naprosté ticho. Taky ve vlaku, na dlouhých cestách. Nebo když jsem nemocný a mám horečku - ne příliš vysokou, ani příliš nízkou - tak akorát.

Myslím si, že bychom měli častěji...

...spát. Vážně. V Evropě klesá hrubý domácí produkt snů. Kdejaký premiér a ministr se tu chlubí, jak spí čtyři hodiny denně a jak na spánek nemá čas - a podle toho to tady vypadá. A kdo trpí nespavostí, měl by číst, protože to je taky druh snění.

Brémy jsou pro mě...

...daleko. Byl jsem tam jen jednou, před lety. Mám na ně tuto vzpomínku: je překrásné podzimní ráno, jakési dlážděné náměstí, slunce vyšlo nad střechami, ohlazené kameny náhle zazářily, v zatáčce vrzla tramvaj a koleje, po kterých se s duněním vzdalovala, se leskly tak, že se na ně nedalo pohlédnout. A přesto bylo to slunce mírné, slabé, nehřálo. Byla to kouzelná chvíle. Zvláštní chladné ráno plné zvuků a světla. To jsou pro mě Brémy. Nic víc si odtud nepamatuji.

Mým příštím přáním nebo cílem je...

...Dopisuji právě divadelní hru a taky jeden filmový scénář. Ale mým skutečným a nejdůležitějším cílem je nový román. Začal jsem jej psát před čtyřmi lety ve Skotsku, pokračoval jsem na něm v Bruselu a Praze, vozím jej s sebou všude, kam se hnu - a stále s ním nejsem spokojen, stále ho nejsem schopen dopsat. Ale cítím, že se konečně pomalu a neochotně začíná uzavírat.

Marek Šindelka

*1984 in Polička studierte in Prag Kulturwissenschaften an der Karls-Universität und Drehbuch an der Filmhochschule FAMU. Gleich für sein literarisches Debüt, den Gedichtband Strychnin a jiné básně (2005) wurde er mit dem Jiří-Orten-Preis ausgezeichnet. 2008 veröffentlichte er seinen ersten Roman Chyba (Der Fehler). Für den folgenden Erzählungsband Zůstaňte s námi (2011) erhielt der Autor den Preis Magnesia Litera. Marek Šindelkas bisher letztes Werk ist die mit dem Comicpreis Muriel ausgezeichnete Graphic Novel Svatá Barbora (2018) um einen abstrusen Fall von Obsession und Manipulation, der die tschechischen Medien lange beschäftigte. Den Text schrieb er zusammen mit Vojtěch Mašek, die Illustrationen stammen von Marek Pokorný.

Foto von Marek Šindelka umgeben von schwebenden Büchern
© Vladimír Šigut

Weiterlesen:

„Unerwartungen“: Lilli Rother

Was erwartest du vom Leben, von der Stadt? In ihrem Text "Unerwartungen" stellt sich Studentin Lilli Rother diesen Fragen. Entstanden ist er im Seminar "Kreatives Schreiben zu Kunst" und wurde zuerst auf dem Studierendenblog Blogsatz veröffentlicht. Schau mal rein, ob er deine Erwartungen erfüllt!

„Ein Schatz“: Die Bibliothek Gonzalo Rojas

Mit frischem Anstrich, topmodern und neu sortiert präsentiert das Instituto Cervantes am Welttag des Buches seine Bibliothek Gonzalo Rojas. Direktorin Mila Crespo Picó hat Annika Depping auf eine Tour durch die Bibliothek mitgenommen.