Die Stadt für Kinder: Daniela Krause im Interview

Wer Kinder hat oder begleitet, entdeckt eine Stadt noch einmal neu. Für alle Bremer*innen hat darum Daniela Krause das Buch 111 Orte für Kinder in und um Bremen, die man gesehen haben muss geschrieben: eine Schatzkarte zu den kinderfreundlichsten Orten unserer Stadt. Im Interview erfährst du mehr darüber, welche Orte das sind, wie Daniela Krause sie ausgewählt hat und was sich in Städten für Kinder verändern müsste.

Daniela Krause
© Jens Krause

In Bremen gibt es gut 270 öffentliche Spielplätze, mehrere Kinderbibliotheken und viele Familiencafés. In Ihrem Buch konnten Sie aber nur 111 Orte vorstellen. Wie haben Sie ausgewählt?

Bei der Erstellung des Buches gab es nur wenige Vorgaben durch den Verlag. Eine jedoch lautete: Die üblichen Spielplätze und Minigolfplätze passen nicht in die Reihe. Es sollten vielmehr möglichst besondere, nicht zu viele allseits bekannte, sondern im besten Fall überraschende Orte sein. Uns war es wichtig, dass es am Ende eine schöne bunte Mischung wird, dass die Orte die Sinne ansprechen und sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen Freude daran haben, diese gemeinsam zu entdecken. Es sollten Orte dabei sein, an denen Kinder die Natur erleben, beobachten, forschen und experimentieren können, Orte zum Bewegen und Austoben, Orte mit tierischen Begegnungen, aber auch solche, an denen man zur Ruhe kommen oder sich kreativ entfalten kann.

Was sind Ihre allerliebsten von diesen 111 Orten?

Wenn ich meine persönliche Top 3 zusammenstellen müsste, dann wären es die folgenden Orte:

  1. Der Warwer Sand bei Stuhr-Fahrenhorst - unser Lieblings-umzu-Ort, den wir erst in der Corona-Pandemie für uns entdeckt haben. Hier kann man Stunden verbringen, die Füße in den weichen Sand der Dünenlandschaft stecken, auf Bäume klettern oder Hütten aus herumliegenden Ästen bauen. Ein Paradies für Kinder.
  2. Der Landeplatz auf dem Friedehorst-Gelände in Bremen-Lesum - ein sauberer, liebevoll angelegter Spielplatz, der deshalb so besonders ist, da er Spieloptionen für Kinder mit und ohne Handicap bietet. In die Wipfelburg kann man zum Beispiel mit dem Rollstuhl hineinfahren und es gibt eine extra breite Himmelsschaukel unter Baumkronen. 
  3. Der Bremen Airport - nicht nur, weil man hier die großen Blechvögel aus der Nähe beim Starten und Landen beobachten kann, sondern vor allem, weil man bei einer Kinderführung hinter die Kulissen blicken (inklusive Sicherheitskontrolle) und die Flughafenfeuerwehr in Aktion erleben kann. Das ist nicht nur für die Kleinen äußerst beeindruckend.

Haben Sie einen besonderen Tipp für einen Kinderort mit Buchbezug?

Da muss ich gleich an die Bücherkammer im SOS-Kinderdorf-Zentrum denken. Wer nicht weiß, wohin mit den ausgelesenen Büchern, kann sie dort ins Regal stellen, sich neuen Lesestoff aussuchen und einen Betrag seiner Wahl spenden. Das Geld rollt durch eine eigens für diesen Zweck geschreinerte Münzbahn und fließt in die vielfältigen pädagogischen Angebote des KiDoZ. Eine kleine Lesehöhle lädt zum sofortigen Schmökern ein. Ein weiterer Ort mit Buchbezug, den wir bald zum ersten Mal besuchen möchten, ist die Schwarze Kinderbibliothek im Viertel.

In Städten gibt es ja Orte explizit für Kinder, zum Beispiel Spielplätze oder Kinderbibliotheken, in deinem Buch stellst du aber auch Familiencafés und andere Plätze vor, die für alle sind. Warum werden Kinder an so vielen Orten nicht direkt mitgedacht?

Das ist eine sehr gute Frage. Vielleicht liegt es daran, dass Kinder oftmals nur als passive Begleiter ihrer Eltern wahrgenommen werden und nicht als eigenständige Zielgruppe. Da rühmen sich manche Orte dann schon als kinderfreundlich, wenn das WC einen Wickeltisch hat (was selbstverständlich sein sollte). Möglicherweise werden aber auch einfach die Vorteile übersehen, die eine kinder- und somit familienfreundliche Umgebung mit sich bringt. Dabei sollte es doch darum gehen, lebenswerten Raum für alle zu schaffen. Orte, welche die kognitive Entwicklung unterstützen, zu gemeinsamen Aktivitäten einladen und somit auch Bewegung, Gesundheit und Wohlbefinden fördern. Mit kinderfreundlichen Orten leistet man einen großen Beitrag für die Lebensqualität aller Generationen.

Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, damit Städte kinderfreundlicher würden?

Kinder, Jugendliche und Familien sollten aktiv in städtische Planungsprozesse mit einbezogen werden. Wer kinderfreundliche Orte schaffen möchte, muss die Interessen, Perspektiven und Bedürfnisse von Kindern verstehen und berücksichtigen. Sind beispielsweise die Verkehrswege so sicher gestaltet, dass sich Kinder in der Stadt ab einem gewissen Alter selbstständig und möglichst gefahrlos von A nach B bewegen und sich gut orientieren können? Gibt es ausreichend Spielplätze und Grünflächen in den jeweiligen Stadtteilen? Sind genügend Kultur-, Sport- und Freizeitangebote vorhanden? Welche Angebote sind für Familien besonders wichtig und sollten daher von Beginn an auf einem stabilen finanziellen Gerüst stehen? Ein aktuelles Beispiel sind die Stadtteilfarmen, die gerade um ihre Existenz bangen. Besonders hervorheben möchte ich noch das Engagement des Vereins SpielLandschaftStadt e.V., mit dessen Unterstützung in Bremen schon viele tolle Projekte umgesetzt werden konnten, darunter die temporären Spielstraßen oder das Bewegungsernährungsmobil (Bemil).

Daniela Krause

wurde 1984 geboren und ist Journalistin, Kinderbuch-Bloggerin und waschechte Bremerin. Sie hat in Ganderkesee und Varel gelebt, ist ihrer Heimatstadt aber immer treu geblieben. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern erkundet sie gerne die grünen und nassen Ecken in Bremen und umzu. 111 Orte für Kinder in und um Bremen, die man gesehen haben muss ist ihr erstes Buch, das im Oktober 2023 im Emons Verlag erschienen ist. Es richtet sich an Familien, die in Bremen und der näheren Umgebung etwas unternehmen und erleben möchten.

Zum Autorinnenprofil von Daniela Krause

Mehr lesen:

„Unerwartungen“: Lilli Rother

Was erwartest du vom Leben, von der Stadt? In ihrem Text "Unerwartungen" stellt sich Studentin Lilli Rother diesen Fragen. Entstanden ist er im Seminar "Kreatives Schreiben zu Kunst" und wurde zuerst auf dem Studierendenblog Blogsatz veröffentlicht. Schau mal rein, ob er deine Erwartungen erfüllt!

„Ein Schatz“: Die Bibliothek Gonzalo Rojas

Mit frischem Anstrich, topmodern und neu sortiert präsentiert das Instituto Cervantes am Welttag des Buches seine Bibliothek Gonzalo Rojas. Direktorin Mila Crespo Picó hat Annika Depping auf eine Tour durch die Bibliothek mitgenommen.