Der Roman Tanz, tanz, Revolution spielt in einem fiktiven, kriegszerrütteten Land, in dem die Toten durch einen Tanz wieder zum Leben erweckt werden sollen. Wie man ihn richtig tanzt, weiß nur Baba Yara. Ihre Enkelin sendet die Anleitung in die Welt, um möglichst viele Mittänzer*innen zu finden. Sie inszeniert die Tradition für das Internet – denn nur, wenn er gemeinsam getanzt wird, kann der Tanz die Toten auferstehen lassen...
Wie ein roter Faden zieht sich die Rolle der sozialen Medien während kriegerischer Auseinandersetzungen durch das Buch. Oftmals ersetzen sie die Berichterstattung in Ländern und Regionen, die nicht im Hauptaugenmerk der Weltöffentlichkeit stehen. Sie schaffen Aufmerksamkeit für Verbrechen, verbreiten die aktuellsten Lageberichte und ermöglichen es, eine Vielzahl von Blickwinkeln einnehmen zu können, wo sonst nur staatliche Nachrichten ihre Darstellung liefern. Sie erschaffen ein Netzwerk für die Menschen vor Ort, über das sich ausgetauscht und – wie in Tanz, tanz, Revolution – zum gemeinsamen, widerständigen Tanz verabredet werden kann. Gleichzeitig erreichen uns durch soziale Medien ungefilterte Informationen, traumatische Bilder und Meinungen, die keinem Objektivitätsanspruch folgen müssen.
Die ukrainisch-niederländische Autorin Lisa Weeda befasst sich in ihrer Arbeit mit all diesen Fragen verschiedener Realitäten. Ein Teil davon ist in ihren sehr lesenswerten, experimentellen und wilden Roman geflossen, den wir mutigen Leser*innen sehr ans Herz legen!
Tatjana Vogel
TANZ, TANZ, REVOLUTION | Lisa Weeda | ROMAN Kanon Verlag | Berlin 2024 | Übersetzung: Birgit Erdmann | 176 S. | €22,00
Der Buchladen Ostertor
wurde 1977 als erster alternativer Buchladen im Bremer Viertel gegründet. Eine bewegte Zeit, kurz nach der Gründung der Uni-Bremen, vielfältiger politischer Bewegungen, wie z.B. der Anti-AKW- und Frauenbewegung, was auch Einfluss auf die Sortimentsauswahl hatte: politische Literatur linker Verlage, Bücher zur Emanzipation gesellschaftlicher Gruppen, Geschichte, Philosophie, Feminismus, Pädagogik, Psychoanalyse und Subkulturen.
Zum 1. Mai 2023 haben Marlene Schmidt und Alena Glandien das Ruder im Buchladen Ostertor übernommen. Die beiden gebürtigen Bremerinnen lernten sich bei der Buchhändlerinnenausbildung in Berlin kennen und erfüllten sich den Traum eines eigenen Ladens. Den Geist und den besonderen Charme des Buchladens wollen sie bewahren, dabei aber sanft modernisieren und gemäß ihrer persönlichen Interessen und Fähigkeiten neue Schwerpunkte z.B. auf englischsprachige Literatur und Kinderbücher setzen. 2024 wurde die Buchhandlung mit dem Deutschen Buchhandlungspreis in der Kategorie Hervorragend ausgezeichnet.
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