Sebastian Butte: "Das Schöne auf einem Poetry Slam ist die Vielfalt"

Poetry Slam lebt von Sprache, Rhythmus und Performance – und von Menschen, die diese Kunstform mit Leidenschaft auf die Bühne bringen. Einer von ihnen ist Sebastian Butte: Slam-Poet, Moderator und Organisator der überregionalen Meisterschaften für Bremen & Niedersachsen, die dieses Jahr in Bremerhaven stattfinden. Im Interview mit Ylvie Scheufele spricht er über die Besonderheiten des Formats, den Spagat zwischen Organisation und Auftritt – und darüber, was einen starken Slam-Text ausmacht.

Hallo Sebastian Butte, du bist Organisator der überregionalen Meisterschaften im Poetry Slam, die dieses Jahr in Bremerhaven stattfinden, und trägst auch selber gelegentlich Texte vor. Was ist das Besondere an Poetry Slam Meisterschaften? Und was erwartet uns bei den diesjährigen Meisterschaften in Bremerhaven?

Hallo! Die Poetry Slam Meisterschaften sind das Highlight des Slam-Jahres für die jeweiligen Bundesländer, in unserem Fall gemeinsam für Bremen und Niedersachsen. In Bremerhaven streiten die 24 besten Poetry Slammer*innen der letzten Monate, die von Poetry Slam-Veranstaltungen überall aus Bremen und Niedersachsen nominiert wurden, darum, wer sich den prestigeträchtigen Titel der/des Landesmeister*in sichern kann. Und im Gegensatz zu einem ganz normalen Slam-Abend ist der Rahmen größer: Wir starten am Freitag, den 24. Oktober mit zwei parallelen Halbfinals im Pferdestall und im Capitol, ehe die finale Entscheidung dann am Samstag, den 25. Oktober im prunkvollen Stadttheater Bremerhaven fällt.

Das Logo zeigt ein Schiff
Portrait Sebastian Butte
© Matthias Stehr

Welche Fähigkeiten braucht ein guter Slammer – jenseits des Schreibens?

Neben dem Schreiben kommt auch viel auf den Vortrag an, um das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Angefangen natürlich bei der Stimme, aber auch die Performance generell ist wichtig. Wenn dann der Inhalt des Textes und der Vortrag passend ineinander greifen, erleben wir einen gelungenen Auftritt.

Wie entscheidest du, auf welche Weise du deine Texte in Szene setzt?

Ich mache das sehr vom Inhalt des Textes abhängig. Welches Thema kann man besser vermitteln, wenn man schnell und vielleicht laut vorträgt, welches Thema verlangt eher nach ruhigen Tönen? Das Schöne auf einem Poetry Slam ist ja besonders auch die Vielfalt, die durch die verschiedenen Künstler:innen mit ihren ganz unterschiedlichen Themen und eben aber auch Vortragsstilen entsteht.

Beim Poetry Slam spielt ja die Betonung und Inszenierung der Wörter eine wichtige Rolle. Gibt es Atem- oder Sprechtechniken, die du bewusst einsetzt, um deine Wirkung auf der Bühne zu verstärken?

Spezielle Atemtechniken nutze ich nicht, aber ich arbeite viel mit künstlerischen Pausen – sei es, um einen ernsthaften Gedanken bei den Zuhörenden länger wirken zu lassen oder sei es, um bei einer hoffentlich witzigen Stelle den Raum für das Lachen zu gewähren.

Auch Kulturarbeit braucht einen langen Atem. Wie sichtbar ist die Poetry Slam-Szene deiner Meinung nach im Kulturbetrieb? Was müsste passieren, damit Slam-Wettbewerbe mehr öffentliche und mediale Aufmerksamkeit erhalten?

Die Sichtbarkeit ist sicherlich von Ort zu Ort verschieden. In Bremen zum Beispiel sind wir mit dem Slammer Filet durch viele Jahre intensive Kulturarbeit durchaus vielen Menschen ein Begriff. In Bremerhaven wiederum kennen viele Leute das Format noch wenig bis gar nicht, weil in der kleineren Stadt natürlich weniger oft Veranstaltungen stattfinden. Wir hoffen aber natürlich, dass die Strahlkraft der Meisterschaft das auch verändert.

Auch generell braucht Poetry Slam immer wieder mal die großen Bühnen, um ein breites Publikum zu erreichen. Wir fühlen uns zwar im subkulturellen Milieu, aus dem das Format ja auch kommt, nach wie vor wohl, dennoch glauben meiner Wahrnehmung nach immer noch viele Menschen, sowohl potenzielle Zuschauende als auch Medienvertreter, dass Poetry Slam nur etwas für jüngere Leute in den kleinen Kneipen und Clubs ist. Dabei zeigt das Format immer wieder, dass es generationenübergreifend Menschen begeistern kann. Das sieht man zum Beispiel sehr gut an unseren Großveranstaltungen wie auf der Seebühne in Bremen. 

Was war bisher dein berührendster Moment bei einem Slam – als Organisator oder als Poet?

Einen einzelnen Moment kann ich nach über 17 Jahren in der Szene nicht benennen. Aber aus Veranstalter- und Moderatorensicht berührt es mich nach wie vor immer wieder, wenn Poet:innen sehr viel Authentizität auf die Bühne bringen und man merkt, dass es ihnen gerade nicht um den Wettbewerb oder die Show geht, sondern dass es ihnen vielmehr einfach sehr viel bedeutet, diesen Text mit den Menschen im Publikum zu teilen.

Vielen Dank für das Interview!


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