Adriana Bertran Anía: El 4º lado del triángulo

Dreieck aus einem Geldschein
© Rike Oehlerking
Screenshot aus El 4º lado del triángulo

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El 4º lado del triángulo | 2022 | 5 Minuten | Adriana Bertran Anía

Die vierte Seite des Dreiecks
Von Adriana Bertran Anía

Vor zweihundertundvier Jahren
war Robert Owen entsetzt über die Tatsache, dass Arbeitnehmer
achtzehn Stunden am Tag arbeiten mussten
und schlug den heutigen
                heutigen
                heutigen

8 Stunden-Tag vor:
8 Stunden für die Arbeit
8 Stunden für den Schlaf
8 Stunden für die Freizeit

Sein Vorschlag wurde einhundertzwei Jahre später in Spanien umgesetzt,
vor einhundertzwei Jahren,
nach 44 Tagen Streik
durch die CNT.

Heute haben wir hier Caroline Dale,
Ehefrau von Robert Owen,
Mutter seiner 8 Söhne
und Töchter.

 

Welcome, Caroline.

Thank you.

Caroline, what do you think
about those 8 hours
for recreation?

Well, so much depends upon

dass eine Sisyphus-Ehefrau, das Leben über die Klippen der Ernährung und der Hygiene trägt,
um am Ende erneut auf dasselbe trifft,
empty stomachs and dirty underwear,
crying babies and smelly bed sheets.

Wow.

Ja. Das perfekte Dreieck
war just for men:
Wir, im Tausch für love and protection
zählten unsere Arbeitsstunden nicht,
damit unsere husbands
               
8 hours labour
                8 hours rest
                8 hours recreation

haben konnten.

I am a wife and a mother.
Taking care of my 8 children
is an act of love.

There’s no work involved.
It is not political.
It is not political.
It is not political.

Laut einer deutschen Studie aus dem Jahr 2014
ist die Anzahl der Schlafstunden direkt proportional zur Gesellschaftsschicht.

Weil manche Fürsorge kaufen können.
Weil Geld es möglich macht
(genau wie das Verheiratetsein früher)
die vierte Seite
des Dreiecks zu überspringen.

Aber hören wir uns die Ergebnisse
aus der nationalen Gesundheitserhebung 2017 in Spanien an:
„Alle Indikatoren der neuropsychiatrischen Morbidität bei Erwachsenen
zeigten ein Gefälle je nach sozioökonomischer Stellung,
vor allem bei Frauen.
Diese höhere Morbidität bei Frauen und in den unteren Schichten spiegelt sich perfekt
in der Verwendung von Psychopharmaka wider,
aber nicht in der Inanspruchnahme von und dem Zugang
zu psychosozialen Dienstleistungen.“

Wenn schon seit 16 Jahren Selbstmord mehr Menschen tötet
als Verkehrsunfälle
und es überall Schilder und Radargeräte gibt, damit du nicht auf die Idee kommst, schneller als
einhundertzwanzig Kilometer pro Stunde zu fahren,
                Stunde,
                Stunde;

Worauf warten wir noch
um die Fehlkalkulation zu korrigieren,
die die Existenz der Care-Arbeit ignoriert hat,
diese vierte Seite des Dreiecks?

Hören wir auf zu sagen "és que no m’ho atrapo/Ich schaff´es nicht,
individuell nach der Ursache der Erschöpfung zu suchen:
Sie nennen es „Vereinbarkeit“, als ob das Leben und die Arbeit einen kleinen Streit hätten,
aber die Lehrerin könnte sie in eine ruhige Ecke auf den Schulhof führen,
wo sie sich gegenseitig „Entschuldigung“ sagen und sich die Hand reichen könnten.

Lassen wir diese Fantasien wie „Für mich müsste der Tag
25 Stunden haben..., nein, besser 30.“
Denn, hoffentlich, wird niemals die Nachfrage
die Dauer der Erdumdrehung bestimmen.

Schauen wir uns gegenseitig in die Augen
in den U-Bahn-Gängen zur Hauptverkehrszeit:
wir sind nicht die Fortsetzung
von The walking dead
sondern der Berechnungen
von Männern, die zu Hause nichts machten.

Es kann nicht gleichseitig sein
denn es war nie
                nie
                nie
                nie
ein Dreieck.

Stellen wir uns vor, was uns alles
erwartet hat
auf der anderen Seite dieser Erschöpfung.

Lasst uns endlich die Mathematik begreifen,
für das Leben zu sorgen und es zu leben:
                8 Stunden zum Träumen im Schlaf
                lassen 16 Stunden übrig, um wach zu sein,
                und sie aufzuteilen zwischen der
                Lohnarbeit, der des Lebens

und diesem dringend notwendigen
Kratzen am Bauch
und was auch sonst noch so herauskommt aus dem
Viereck.

Übersetzung: Kristin Schneider und Marianne Buß

© Swingyourpics

Adriana Bertran Anía

wurde 1985 in Barcelona geboren und ist eine der führenden Stimmen der europäischen Bühnenpoesie. Sie war spanische Meisterin und europäische Vizemeisterin im Poetry Slam 2018 und tritt seitdem sowohl auf Festivals (Kosmópolis, Barcelona Poesia, Elixir...) als auch in institutionellen, politischen und akademischen Foren auf. Im März war sie mit einer Auswahl ihrer Gedichte als Spoken Word auf Spanisch zu Gast im Instituto Cervantes in Bremen. 

Zur Website von Adriana Bertran Anía

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