Satzwende: Tomasz Jedrowski (2/2)

Leicht geöffneter Mund
© Rike Oehlerking

Ein Liebesgedicht

Von Tomasz Jedrowski

Aus deinem Mund

Befürchte ich es

Das Wort auf das so viele warten

 

Die Kanone

Schwerer als Schuld

Rollt heran

 

Du streichst dir über die Lippen

Die Luft riecht nach Vorwurf

Im Stillen bete ich: Lass es uns anders machen

 

Aber wie sollst du mich hören

Wenn du dich selbst nicht hören kannst?

Wie silberne Kugeln schießt es aus dir heraus

 

„Lie“

und

„Be“

 

Richtung Herz

Richtung Gewissen

Ist mein Schild ein Verbrechen?

 

Ich kenne doch die Krater

Die dein Wort

Verdecken soll

 

Denk an all die Wunden

Die ich allein

Leckte und verband

 

Ich senk den Blick

Lass alte Silben ruhen

Verbleibe wartend

Am Wörterrand


Porträt von Tomasz Jedrowski
© Rike Oehlerking

Tomasz Jedrowski

als Kind polnischer Eltern in Bremen aufgewachsen, studierte Jura in Cambridge und an der Université de Paris. Nach Jahren in Großbritannien und Polen lebt er nun in Paris. Sein Debütroman Im Wasser sind wir schwerelos (Hoffmann und Campe 2021) wurde bereits in Großbritannien von der Kritik gefeiert und vom Guardian zum Buch des Jahres ernannt. Jedrowski findet darin eine ganz eigene, intensive Bildsprache für Körperlichkeit und Sexualität.

Im Rahmen der Lesereihe Satzwende war Tomasz Jedrowski Anfang März in Bremen zu Gast.

Zum Autorenprofil von Tomasz Jedrowski

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