Unsere Lesetipps zum Thema Schlaf

Schon wach? Noch wach? Wir auf jeden Fall, denn unsere Lektüren rund ums Schlafen haben uns hellwach gemacht. Von ungewöhnlichen Freundschaften in Schlaflaboren über schlaflose Frühlingsnächte und fantastischen Traumwelten bis hin zu dunklen Winterschlaffantasien: Wenn du Bücher magst, die dich wachhalten (oder auch mal sanft in andere Welten ziehen), ist unsere Auswahl genau das Richtige für dich. 

Sinja Konduschek: Sina kann nicht schlafen. Und das schon seit einer Weile nicht mehr. Während bei ihr zu Hause quasi nur „Schlafprofis“ leben, ihre Kinder, ihr Mann und ihr Hund, muss sie in ein Schlaflabor und sich beim Schlafen beobachten lassen. Dort trifft sie auf Janis, die als Nachtwache im Krankenhaus arbeitet und dabei den Schlaf anderer Personen beobachtet. 
Zwischen den beiden sich fremden Frauen entsteht schnell eine Verbundenheit, die beide zunächst nicht verstehen. Gemeinsam schlagen sie sich die erste Nacht um die Ohren, denn wenn sie beobachtet wird, kann Sina natürlich erst recht nicht schlafen. In dieser Nacht scheint die Welt, die sie kennen dann endgültig aus den Fugen zu geraten und sie ist der Beginn einer besonderen Freundschaft.

Tamar Noort schafft es in ihrem Roman Der Schlaf der Anderen die Realität von Schlafproblemen zu beleuchten, präsentiert uns aber auch gleichzeitig starke weibliche Protagonistinnen, die sich trauen etwas an ihrem Leben zu verändern, wenn es Not tut. Sie nimmt uns mit in eine Geschichte über weibliche Verbundenheit und die Magie eines Neuanfangs.

DER SCHLAF DER ANDEREN | Tamar Noort | ROMAN Rowohlt Verlag | Hamburg 2025 | 320 S. | €24,00

Annika Depping: Die Nacht in Tarjei Vesaas Roman Frühlingsnacht ist hell und verheißungsvoll. Schlaf finden die Figuren nur wenig: Der vierzehnjährige Hallstein und seine ältere Schwester Sissel sollten eigentlich bis zum nächsten Morgen das Haus für sich haben. Doch dann steht eine fremde Familie vor der Tür. Das Auto hat eine Panne, die Ehefrau ist unter der Geburt und so ist das Haus bald voll. Allerdings stellen Hallstein und Sissel fest, dass mit diesen Fremden so einiges merkwürdig ist: unausgesprochene Konflikte, in die die Geschwister hineingezogen werden, eine stumme, bewegungsunfähige Stiefmutter und ein junges Mädchen, das Hallsteins unsichtbarer Freundin gleicht… 

Tarjei Vesaas gelingt es wie in seinen anderen Romanen, schwelende Schmerzpunkte unter der Oberfläche anzutippen und Unbewusstes mitschwingen zu lassen, „dunkel und eiskalt.“ Vor der Kulisse des norwegischen Frühlingseinbruchs erzählt er psychologisch dicht vom Kipppunkt, an dem die Hauptfiguren erwachsen werden. Gleichzeitig ist der Text fast träumerisch, staunend beobachtet aus den Augen des jungen Erzählers, der, ganz am Ende, hoffentlich doch einen erholsamen Schlaf findet. Die wie immer hochwertige und ästhetische Gestaltung aus dem Guggolz Verlag tut neben Vesaas‘ Erzählkunst ihr übriges, und so ist Frühlingsnacht ein perfekter Roman für schlaflose Nächte!

FRÜHLINGSNACHT | Tarjei Vesaas | Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel | ROMAN Guggolz Verlag | Berlin 2025 | 240 S. | €25,00

Stephanie Schaefers: „Ich mach einfach mal Pause, mehr nicht. Ein Jahr der Ruhe und Entspannung“, verkündet die Ich-Erzählerin. Doch was sich wie eine kleine Auszeit anhört, wird ein radikales Experiment. Mit wachsender Präzision wirft sie sich gefährliche Cocktails aus Psychopharmaka, Sedativa und Schlaftabletten ein, um der Welt für Stunden, bald für Tage, zu entgleiten. Einer Welt, die für sie im Wachzustand aus Einsamkeit und Leere besteht. Ihr Ziel: ein monatelanger Winterschlaf, nach dem sie, neu und gestärkt erwachen will.

Ottessa Moshfeghs Roman Mein Jahr der Ruhe und Entspannung erzählt abgründig über Verlassenheit, Erschöpfung und die Sehnsucht nach extremer Selbstbetäubung. Rückblenden legen eine Biografie frei, die unweigerlich auf diesen Abgrund zusteuert. Wer diesen düsteren, hypnotischen Abstieg begleitet, taucht in eine Geschichte ein, die trotz aller Schwärze einen unerwartet klaren Blick auf innere Verletzlichkeit eröffnet.

MEIN JAHR DER RUHE UND ENTSPANNUNG | Ottessa Moshfegh | Übersetzung: Anke Caroline Burger | ROMAN btb | München 2021 | 320 S. | €14,00

Annika Depping: Dass Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel ein Dream-Team sind, wenn es ums Erzählen für Kids geht, ist längst klar. Und auch wenn bei ihrem frechen Sound wohl niemandem die Augen zufallen, Einschlafgeschichten können sie trotzdem. In Schlafen wie die Rüben haben sie 2021 die super-wuselige Familie Rübe zum Leben erweckt, die mir inzwischen in drei Kinder- und Bilderbüchern ans Herz gewachsen ist. Bei den Rüben gibt es das „große Zubettgehen der kleinen Leute“. Und wie läuft das ab? Im Bilderbuchtext wird es ein herrlich gereimtes, witziges Kuddelmuddel: „Monster fressen mit nur ein, zwei Bissen / und dann verscheuchen wir die Kissen.“ Ne, so war das nicht! Bis alle Rüben wirklich in der Koje liegen, die Zähne und nicht die Füße geputzt haben, dauert es 32 Seiten lang. Die vergehen aber, auch dank der kontrastreichen, lustigen Illustrationen von Tine Schulz, viel zu schnell. Zum Glück kann man das Bilderbuch ja immer wieder (vor-)lesen!

SCHLAFEN WIE DIE RÜBEN | Text: Finn-Ole Heinrich & Dita Zipfel | Illustration: Tine Schulz | BILDERBUCH mairisch Verlag | Hamburg 2021 | 32 S. | €16,00 | Ab 3 Jahren

Sinja Konduschek: Livs Träume sind in letzter Zeit ziemlich abenteuerlich und ungewöhnlich. Sprechende Steinfiguren und Eidechsentürknäufe sind nur einige der Dinge, die sie nachts erlebt. Und das alles, während sie eigentlich in ihrem Bett liegt und schläft. Besonders ein Traum bleibt ihr in Erinnerung, bei dem sie vier ihrer Klassenkameraden bei einem magischen Ritual auf einem Friedhof beobachtet. Was hat es damit auf sich? Und wieso träumt sie von den Jungs, die auf einmal mehr über sie zu wissen scheinen als ihr lieb ist? Liv wäre allerdings nicht Liv, wenn sie nicht alles daran setzen würde es herauszufinden.

Kerstin Giers Silber-Trilogie ist ein Muss für alle, die manchmal lieber Zeit in ihren Träumen verbringen als in der wirklichen Welt. Sympathische und quirlige Charaktere mischen sich mit spannenden Geschichten sowohl am Tag als auch in der Nacht und in den Träumen. Silber – Das erste Buch der Träume verspricht in jedem Alter Lesespaß, der zum Träumen einlädt. Seid ihr bereit für ein mitreißendes Fantasy-Abenteuer?

SILBER – DAS ERSTE BUCH DER TRÄUME | Kerstin Gier | ROMAN - JUGEND S. Fischer Verlage | Frankfurt am Main 2013 | 416 S. | €22,00 (auch als Taschenbuch erhältlich)

Janin Rominger: Ich weiß direkt, welches Buch ich zum Monatsthema Schlaf besprechen möchte. Logisch: My year of Rest and Relaxation! Aber da war Stephanie schneller als ich. Vor meinem Bücherregal auf- und abtigernd wollte mir kein zweites Buch einfallen, in dem Schlaf eine bedeutende Rolle spielt.
Aber dann: 655 Seiten über Schlaf, besser noch: Traum!
655 Seiten, die ich dann doch nie in Gänze gelesen hab, aber immer dachte: Das sollte ich mal lesen! und es deshalb zu Beginn meines Germanistikstudiums übermütig gekauft hatte.

Die Rede ist, natürlich, von Die Traumdeutung von Sigmund Freud. 1900 veröffentlicht, sind viele von Freuds Thesen heutzutage selbstverständlich restlos überholt. Geht man mit diesem Wissen in die Lektüre, kann man sogar Spaß haben, glaube ich (außer, man erwacht gerade um drei Uhr nachts aus einem Alptraum und versucht, von Freud eine Erklärung zu bekommen). Neben den Träumen seiner Patient*innen analysiert Freud nämlich auch seine eigenen, was manchmal recht ironisch anmutet; so sagt er in einem Traum zu einer Patientin: „Wenn du noch Schmerzen hast, so ist es nur deine Schuld.“ (S. 121)

DIE TRAUMDEUTUNG | Sigmund Freud | Fischer Taschenbuch Verlag | Frankfurt am Main 2015 | 655 S. | €8,00

Rike Ohlerking: "Es ist der siebzehnte Tag ohne Schlaf..." – mit diesem Satz beginnt dieses zugegebenermaßen schon etwas ältere, für den Autor ungewöhnlich dünne Büchlein von Haruki Murakami. Und schnell fragen wir uns als Leser*innen, wo hier die Grenzen zwischen Wachzustand und Traum sind. Vom ersten Moment an, das kennen Leser*innen des japanischen Welt-Literaturpreisträgers schon, versetzt uns der Text in dieses surreale, mysteriöse Gefühl, dass Murakamis Figuren oft in seinen Texten überkommt. Dies bleibt auch bis zur letzten Zeile, sodass wir nicht umhinkommen, anzunehmen, dass dieser traumartige Zustand, in dem der Autor seine namenlose Figur wandeln lässt, für etwas anderes steht. Genaueres erfahren wir nicht. Dennoch ist die 80-seitige Geschichte eine recht detaillierte Reise in das Leben der Erzählerin, die sich nun – dank ihrer schlaflosen und dennoch hellwachen Nächte – fragt, ob sie dieses Leben so noch will. Begleitet wird die Geschichte in der Neuauflage von Dumont von 2009 von den Illustrationen von Kat Menschik, die die Leser*innen auch bildlich in die blau-weiß-silbrige Welt der Protagonistin eintauchen lassen. Auch nach über 35 Jahren nach der Erstveröffentlichung in Japan ein kleiner Geheimtipp und ein absolut zu empfehlendes, kurzweiliges Leseerlebnis. 

SCHLAF | Haruki Murakami | Illustration von Kat Menschik | Übersetzung: Nora Bierich | ERZÄHLUNG (illustrierte Ausgabe) DuMont | Köln 2009 | 80 S. | €13,00

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